Videoproduktion versus Filmproduktion: Das Medium Film
In der Reihe „Facetten der Produktionsformen“ wurden bisher Verwendungsmöglichkeiten primär von Videoproduktionen erörtert. Technische Aspekte rückten dabei in den Hintergrund. In den nächsten Artikeln werden nun die Unterschiede zwischen Film und Video diskutiert.
Bei vielen Produktionsformen werden die Begriffe Film und Video synonym verwendet. Vom Film reden wir meistens, wenn es sich um traditionelle Produktionsformen handelt, wie z.B. beim Schulungsfilm. Der Begriff Schulungsvideo ist eher moderner. Die Medien Film und Video unterscheiden sich jedoch erheblich, werden manchmal untereinander konvertiert und kopiert, und gerne miteinander verglichen. In den nächsten Ausgaben der Reihe “Facetten der Produktionsformen” werden die Unterschiede zwischen Film und Video verdeutlicht.
Das Medium Film ist schon sehr alt und hat seine Ursprünge in der Fotografie und die ist schon fast 200 Jahre alt. Es ist nicht ganz sicher ob es 1826 oder 1827 war, als Nicéphore Niépce in Frankreich den Ausblick aus einem Fenster des Landsitzes seiner Familie in Saint-Loup de Varennes auf einer asphaltbeschichteten Zinnplatte vorstellte. Etwa 70 Jahre später, 1895, stellten die Gebrüder Skladanowski (in Berlin) und die Gebrüder Lumière (in Paris) die ersten Bewegbilder vor. Dargestellt wurden primär alltägliche Handlungen, wie z.B. die Einfahrt des Zuges (Louis Lumière 1895 “Arrivée d´un train en gare a La Ciotat”). Etwa 30 Jahre später folgt der Tonfilm und Warner produzierte 1927/1928 den Jazz Singer Al Johnson. Spannend ist das mit der Entwicklung neuer Technologien auch andere Filmstiele und Produktionsformen einhergehen sind. Erst kleine 16mm Kameras, die gleichzeitig Bild on Ton aufnahmen, zum Beispiel die Eclair NPR (Noiseless Portable Reflex) die 1960 erschien, ermöglichten Dokumentation im Cinéma Variété Stiel.
Das Medium Film kommt in den verschiedensten Formaten daher. Man unterscheidet hier zwischen Produktionsformaten (oder auch Akquisitionsformaten) und Projektionsformaten (oder auch Distributionsformaten) – also nicht alle Formate kann man direkt im Kino zeigen. Es muss kopiert werden. Die Kopie eines Films bezeichnet man als Duplikat und ein solches ist immer schlechter als das Original. Beim Kopieren unterscheidet man zwischen einer Kontaktkopie und einer optischen Kopie. Bei einer Kontaktkopie werden die Emulsionen des belichteten Materials fest auf die des unbelichteten Materials gepresst und mit einer Geschwindigkeit von 10 Metern pro Sekunde über einen Lichtspalt gezogen. Bei einer optischen Kopie wird das Ausgangsmaterial auf den Rohfilm optisch abgebildet. Eine optische Kopie ist notwendig, wenn das Produktionsformat nicht identisch mit dem Projektionsformat ist oder optische Korrekturen notwendig sind.
Parameter des Filmformats
Ein Filmformat wird durch die folgenden Attribute definiert:
- der Bildfrequenz;
- die Abmessung des Einzelbildes und des einhergehenden Bildseitenverhältnises;
- der Perforationsschritt;
- die Filmlaufrichtung;
- der optischen Kompression (sphärisch oder anamorphotisches Verfahren);
Die Bildfrequenz
Unter der Bildfrequenz oder Bildwiederholfrequenz versteht man die Anzahl der Bilder (engl. “frames”), die in einem gewissen Zeitintervall abgespielt werden. Es wird auch von Bildphasen gesprochen. Es stellt sich nun die Frage, wie viele Bilder benötigt werden, damit der Eindruck eines Films, d.h. einer kontinuierlichen Bewegung entsteht. Unser Auge ermöglicht die Wahrnehmung einer kontinuierlichen Bewegung anstelle diskreter Einzelbilder durch zwei Effekte. Dem Stroboskopeffekt und dem Nachbildeffekt. Ohne hier auf die augenphysiologischen Wechselwirkungen mit dem Gehirn einzugehen (das Gehirn gehört leider mit dazu obwohl wir nur vom Auge sprechen) hat dies drei Konsequenzen:
(i) Es gibt eine Mindestbildfrequenz, bei der die Illusion einer kontinuierlichen Bewegung entsteht. Die Bildfrequenz liegt zwischen 14-16 fps (engl. “frames per scound”)
(ii) Das zeitliche Auflösungsvermögen des menschlichen Auges ist begrenzt und liegt bei etwa 30 fps
(iii) Auch wenn das zeitliche Auflösungsvermögen des Auges begrenzt ist, so wird doch bei gewissen Bildwiederholfrequenzen ein Flimmern wahrgenommen. Der Eindruck, wann etwas flimmert ist jedoch abhängig von vielen Parametern, z.B. dem Alter, der Lichtintensität (skotopisches versus photopisches Sehen) usw. Bei etwa 70 fps verschwindet der Eindruck des Flimmerns. Die Bildfrequenz wird auch als Flimmerverschmelzungsfrequenz bezeichnet.
Im Kino hat sich eine Bildwiederholfrequenz von 24 fps durchgesetzt. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Das frühere Todd-AO mit 30 fps, das Showscan-Format mit 60 fps oder IMAX HD mit 48 fps. Mit 16, 18 oder 20 fps werden oft die älteren Schulungsfilme abgespielt. Die alten 35 mm Stummfilme laufen auch mit 16 fps.
Im nächsten Artikel wird das Konzept der Bildfrequenz auf den Videofilm ausgedehnt.